Das QS-Prüfzeichen steht für geprüfte Qualitätssicherung bei frischen Lebensmitteln – vom Landwirt bis zur Ladentheke[1]. Unter anderem gehört dazu auch Antibiotikamonitoring in der Tierhaltung, also für Mastrinder, Schweine und das Geflügel. FOKUS FLEISCH hat der QS-Expertin, Bereichsleiterin Tierhaltung und Futtermittel Katrin Spemann die häufigsten Fragen rund um den Antibiotika-Einsatz gestellt, die in den Publikumsmedien - teilweise wegen hoher Komplexität - nicht ausreichend beleuchtet werden.

FF: Der Eurobarometer 2022 zu Antibiotika-Einsatz in der EU zeigt, dass die EU-Bürger nicht besonders gut über den Einsatz und die Wirkung von Antibiotika aufgeklärt sind. Liegt es vielleicht daran, dass sich die Mythen um Antibiotika hartnäckig halten?

Katrin Spemann: Der wohl häufigste Irrglaube der Verbraucher zum Thema Antibiotika-Einsatz ist, dass diese in der Tiermast als Leistungsförderer oder zur prophylaktischen Behandlung der Tiere zum Einsatz kommen. Weit verbreitet ist auch die falsche Annahme, wonach Lebensmittel, insbesondere Fleisch, am Ende die in der Nutztierhaltung verabreichten Antibiotika enthalten. Was viele Verbraucher nicht wissen: Alle zuvor genannten Punkte sind in der EU streng verboten. In EU-Mitgliedsstaaten dürfen Nutztiere ohne Ausnahme nur dann mit Antibiotika behandelt werden, wenn es ihr gesundheitlicher Zustand erfordert. Die hierfür notwendigen Verschreibungen dürfen ausschließlich durch einen Tierarzt erfolgen. Das ist sowohl aus Tierschutzgründen als auch aus Sicht der Lebensmittelsicherheit essenziell. Zusätzlich ist für jede Antibiotikagabe genau vorgeschrieben, wie viel Zeit vergehen muss, bis ein behandeltes Tier geschlachtet werden darf (oder bis dessen Milch oder Eier verzehrt werden dürfen). Diese Vorgabe berücksichtigt die Zeit, bis der Wirkstoff im Körper abgebaut ist. Durch diese gesetzlich festgesetzten Wartezeiten werden also Rückstände im Lebensmittel verhindert. Behördliche Kontrollen überprüfen regelmäßig und stichprobenartig Lebensmittel auf diese verbotenen Stoffe wie Antibiotika. Die Auswertungen zeigen, dass die Ängste der Verbraucher unbegründet sind.

FF: Der Einsatz von Antibiotika bei den Nutztieren geht in Deutschland seit Jahren kontinuierlich zurück. Was steht hinter diesen Zahlen?

Katrin Spemann: Unter anderem sind in der Branche eine gesteigerte Sensibilität und ein hohes Bewusstsein für das Thema zu bemerken. Beides ist auf einen intensiven Austausch und auf eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Branchenbeteiligten aus der gesamten Wertschöpfungskette zurückzuführen. Durch eine kontinuierliche Bestandsbetreuung und präventive Maßnahmen hat darüber hinaus auch die Tierärzteschaft zu einem Rückgang der Antibiotikagaben in der Nutztierhaltung beigetragen.

Zusätzlich sammeln und bereiten wir innerhalb des QS-Systems in mehreren Monitoringprogrammen tiergesundheitsrelevante Daten auf und ermöglichen durch die Auswertungen unseren Systempartnern beispielsweise einen Vergleich zum Antibiotikaeinsatz in anderen tierhaltenden Betrieben. Hierdurch können sie sehen, wie sich ihr Betrieb im Branchenvergleich entwickelt hat, wo Verbesserungs- und Entwicklungspotentiale liegen und daraus Optimierungspotenziale für den eigenen Betrieb ableiten.

FF: Was hat dazu beigetragen, dass 2022 die Gesamtjahresmenge auf ein Drittel des Niveaus aus 2011 zurückfiel? Die BMEL-Staatssekretärin Silvia Bender meinte dazu: "Als ein möglicher Einflussfaktor für den Rückgang der abgegebenen Menge Antibiotika ist jedoch auch der zeitgleiche Rückgang der Tierzahlen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung, vor allem bei Schweinen, zu berücksichtigen. Der tatsächliche Rückgang kann mit Blick auf die Tierzahlen dementsprechend kleiner ausfallen, als die Gesamtabgabemenge vermuten lässt“. Ist diese Betrachtungsweise korrekt?

Katrin Spemann: Diese Aussage können wir nicht teilen: Ein Blick auf die aktuellen Auswertungen aus dem QS-Antibiotikamonitoring zeigt, dass Tierärztinnen und Tierärzte 2022 in QS-schweinehaltenden Betrieben deutlich weniger Antibiotika als noch im Vorjahr verschrieben haben. Und das unabhängig von den angesprochenen Tierzahlen: Mit dem sogenannten Antibiotika-Therapieindex setzen wir die durchschnittliche Anzahl an Tieren in den jeweiligen Betrieben ins Verhältnis zu der tatsächlich verabreichten Antibiotikamenge. Hier liegt der entscheidende Unterschied der Auswertungen im QS-System zu den staatlichen Angaben, in denen die Gesamtmenge der verkauften Antibiotika an alle Veterinäre in Groß- und Kleintierpraxen dokumentiert wird.

Und anhand des QS-Therapieindex für Antibiotika [1] können wir ebenfalls die real rückläufige Gesamtjahresmenge an verabreichten Antibiotika zwischen 2022 und 2012 ablesen. Auch ohne Berücksichtigung des Effektes der rückläufigen Tierzahlen sinkt der Einsatz von Antibiotika in der Schweinehaltung.

FF: Wie verteilt sich der Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin: Nutztierhaltung vs. Haustiere? Und gibt es auch einen ähnlichen Rückgang beim Einsatz für Haustiere in dem vergleichbaren Zeitraum?
Sind Reserveantibiotika für Haustiere noch zugelassen?

Katrin Spemann: Seitens QS können wir keine Aussage über den Einsatz von Antibiotika in Kleintierpraxen treffen. In unserem QS-Monitoring werden ausschließlich Daten für landwirtschaftliche Nutztiere erfasst. Eine Teilnahme am Antibiotikamonitoring und damit die Erfassung von Informationen, die die Tiergesundheit betreffen, ist im QS-System verpflichtend für Tierhalter von Mastgeflügel (Masthuhn, Puten, Enten), Schweinen, Mastrindern und Mastkälbern sowie für Tierhalter aus anerkannten Tierwohlprogrammen (z. B. QM+ und QM++). Nicht erfasst wird der Antibiotikaeinsatz im Heimtierbereich.

Ein Blick auf die amtlich erfassten Abgabemengen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zeigt einen deutlichen Rückgang der Antibiotikagaben für das Jahr 2022. Die Daten des BVL beinhalten dabei auch den Heimtierbereich sowie andere Nutztierarten wie Ziegen oder Pferde. Laut BVL haben pharmazeutische Hersteller und Inhaber einer Großhandelsvertriebserlaubnis insgesamt 540 t Antibiotika an Tierärzte abgegeben, das sind 61 Tonnen weniger als im Vorjahr 2021 und damit eine Reduktion von 10,1 %. Auch bei der Abgabemenge für die von der WHO für die Humanmedizin als wichtig eingestuften Wirkstoffe, wie Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone und Polypeptidantibiotika wie Colistin, verzeichnen die BVL-Zahlen Rückgänge. Alle erfassten Abgabemengen der genannten Wirkstoffklassen sind demnach auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn der Erfassung 2011.

FF: Eine neue EU-Verordnung verbietet nun den Einsatz einer ganzen Reihe antibiotischer Substanzen bei Tieren, um den exklusiven Einsatz in der Humanmedizin zu garantieren. Sie trat am 30. Juli 2022 in Kraft und gilt ab dem 9. Februar 2023 verpflichtend für alle EU-Staaten. Welche Vorteile gibt es damit für den Verbraucher?

Katrin Spemann: Das offenkundige Ziel der EU-Verordnung ist, bestimmte antimikrobielle Arzneimittel ausschließlich für die Behandlung von Infekten beim Menschen vorzuhalten und dadurch deren Wirksamkeit in der Humanmedizin langfristig aufrechtzuerhalten. Nicht außer Acht gelassen werden sollte aber, dass diese Einschränkung einhergehen muss mit einem verantwortungsbewussteren Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin, damit sich dort ebenfalls die Möglichkeit von Resistenzbildungen verringert und sich gleichzeitig die Wirksamkeitsdauer bestimmter antibiotischer Wirkstoffe verlängert. [2]

Was ist QS?

Ob Fleisch und Wurst oder Obst, Gemüse und Kartoffeln - Lebensmittel mit dem QS-Prüfzeichen haben einen genau dokumentierten und kontrollierten Lebenslauf. So ist der Weg eines Rindersteaks vom Tierhalter über den Schlachthof und den Metzger bis zum Supermarkt oder bei Äpfeln und Tomaten vom Erzeuger über den Großhändler bis in den Lebensmitteleinzelhandel klar nachvollziehbar.

Das QS-Prüfsystem für Lebensmittel umfasst alle Stufen der Lebensmittelkette. Für alle teilnehmenden Betriebe aus dem In- und Ausland gelten bei QS strenge Anforderungen, etwa zur Rückverfolgbarkeit oder zur Hygiene. Unabhängige Prüfer kontrollieren regelmäßig, ob die Anforderungen eingehalten werden.

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